Refenbogenforellen und Flugfische
Interview zu Dada mit Ismael Berrazouane für den "Dada & Duda" Blog des Hans Arp Museums Bahnhof Rolandseck am 07.04.2016Herr Rautenberg, stellen Sie sich doch bitte einmal für die Leser des Dada&Duda! - Blogs vor.
Ich bin ein Dichter aus Kiel, der auch Kunstwerke macht und der sich sagt: Ein Tag, von dem nichts übrig bleibt, der ist verloren für immer.
Woher kommt ihre Leidenschaft für Sprache und Text? Wer hat Ihren Umgang mit diesen Instanzen geprägt und beeinflusst?
In meiner Jugend wurde ich mit Kunst infiziert. Die Moderne ist mein Bezugssystem. Damit einhergehend, der Drang, etwas Neues erschaffen zu wollen. Mich interessieren die Strömungen der Gegenwartskunst, sofern sie Bling-Bling machen und entweder Geschichten erzählen, die ich noch nicht kenne – oder ein Konzept aufweisen, welches mich anregt. All das kann laut oder leise sein. Eigentlich suche ich in der Kunst etwas, das mir Kraft zu geben versteht.
Was ist das Wertvollste in Ihrem Wortschatz?
Ein Pfund, mit dem die deutsche Sprache wuchern kann sind die wunderbaren Möglichkeiten der Komposita. Also sammel ich Lieblingsworte wie Regenbogenforelle, Zuckerwatte, Federbett oder Kirschkernkissen.
Was ist Ihr Antrieb, sich auszudrücken?
Über etwas, das auch mir selbst kommt, etwas über mich erfahren zu können.
Und wie ist Ihr persönliches Verhältnis zum Dadaismus? Wann sind Sie einander begegnet und wie haben Sie reagiert?
Dada ist ein Fixstern meiner Jugend gewesen. Dada hat mir gezeigt, dass man nicht erwachsen werden muss. Dass man sich als Erwachsener die Kraft seiner Jugend erhalten kann. Das Wesen von Dada ist eine Mischung aus Antitum und ewiger Erneuerung. Das spricht mich heute noch an.
Für Dada ist unter anderem die Mischung von verschiedensten Methoden, Ansätzen und Mitteln bezeichnend. So haben die Dadaisten sowohl rezitiert, performt, gemalt, collagiert, gesungen als auch getanzt. Als wie wichtig sehen Sie diese Vielfalt an? Immerhin sind sie nicht ,,nur‘‘ Lyriker‘‘, sondern auch Texter und bildender Künstler, sowie der Musik sehr angetan.
Ich bin Dichter und Künstler. Und verfolge in beiden Disziplinen mein Minimal-Programm: Das Kleine groß machen – und Dinge zusammen zu bringen, die nicht zusammen gehören. Das „Prinzip Collage“, das Verbindende daran... ich glaube, dieser verbindende Kleister ist das große Vermächtnis von Dada. Das große Leimen. „Collagen sind Dichtung mit bildnerischen Mitteln“ sagt Hans Arp. Oder anders herum gesagt: Was sind Gedichte anderes als Collagen? Sie können gar nichts anderes sein, denn sie nehmen Ausschnitte der (Sprach)Wirklichkeit und verbinden sie. Das Prinzip der Collage ist Dada pur – das vielleicht wirkmächtigste Prinzip des 20. Jahrhunderts.
Ein zentraler Teil des >>Cabaret Voltaire<< war die Auftrittskunst. Wie wichtig ist es, dass ein Schreibender seine Werke auch richtig vorlesen und verkörpern kann? Hugo Ball, Teil der ,,Kerngruppe‘‘ von Dada hat dies in Bezug auf seine Gedichte oft betont. Muss ein Lyriker auch ein Performer sein?
Es ist mir immer lieber, wenn ein guter Lyriker sein Gedicht schlecht vorliest, als wenn ein schlechter Lyriker sein Gedicht gut vorliest. Ein wirklich gutes Gedicht geht nicht kaputt, egal wie schlecht es performt wird. Dennoch finde ich es wichtig, dass man Energie darauf verwendet, die Dichtkunst auch in der Performance zum Leuchten zu bringen. Schließlich sind Zuhörer ja auch mit dem Ohr da.
In der >>Galerie Dada<< traten die Dadaisten auch noch auf, aber stellten ihre Kunst vielmehr aus und erklärten deren Hintergründe. Muss man die eigene Kunst verständlich machen oder nimmt man ihr damit nicht den Mythos und so einen Teil ihrer Wirkung?
Der Künstler braucht seine Kunst nicht zu erklären. Es gibt eine Grundregel der Kunstrezeption: Interpretierbar ist, was im Kunstwerk angelegt ist, ob vom Künstler intendiert oder nicht, spielt keine Rolle.
Was würden Sie jungen Schreibenden bzw. Künstlern für einen Ratschlag geben? Was hätte Ihnen in ihrer Anfangszeit geholfen?
Immer weiter machen. Sich von Absagen nicht decouragieren lassen. Gleichgesinnte finden. Netzwerke bilden. Sich einen Schattenlektor suchen oder einen Kunstkumpan, dessen Arbeit man bewundert und von dem man etwas lernen kann.